Maja Göpel im Talk mit Werner & Mertz-Inhaber über Werte
Das große Interesse am Talk mit Maja Göpel stimmt zuversichtlich: Über 20.000 Zuhörer*innen verfolgten im Livestream und vor Ort die Diskussion zwischen Werner & Mertz-Inhaber Reinhard Schneider und Erfolgsautorin und Wissenschaftlerin Maja Göpel zur provokanten Frage: „Können wir uns Werte heutzutage überhaupt noch leisten?“ Moderiert wurde das einstündige Format von Podcaster und Nachhaltigkeits-Influencer Zackes Brustik.
Was leitet die Menschen heute? Welchem inneren Kompass können wir folgen angesichts der Dauerkrisen und Unsicherheiten, mit denen uns die (sozialen) Medien täglich konfrontieren? Welche Möglichkeiten haben Menschen, um das eigene Leben und die Zukunft zu gestalten? Diese und viele weitere Fragen beleuchteten die zwei Protagonisten näher. Einen besonderen Schwerpunkt bildete auch das aktuelle Zeitgeschehen: Das Erstarken des Populismus in den USA und vielen anderen Teilen der Welt sowie die bevorstehende Bundestagswahl am Sonntag.
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Entwicklungen in den USA als Weckruf
Göpel sieht die aktuelle Dynamik in den USA als Aufruf für Europa, es anders zu machen. Europa müsse hier ein Gegenmodell schaffen zum Ausverkauf der Natur und dem Degradieren des menschlichen Miteinanders. „Es braucht ein Epizentrum für etwas, was noch für eine andere Form von Idee von Demokratie, dem Umgang mit dem Planeten und den Mitmenschen steht“, so Göpel.
An anderer Stelle empfiehlt sie, die „ökologische Schadschöpfung“ mitzudenken und einzubauen. Beispielsweise fördere man durch die günstigere Besteuerung von Fleisch im Gegensatz zu pflanzlichen Produkten nach wie vor allein durch die Preisdefinition tendenziell schädliches Verhalten.
Mix aus Gestaltungsräumen und Orientierung
Schneider identifizierte zwei Kategorien von Werten: Zum einen Werte, die den eigenen Gestaltungsraum weit öffnen, zum anderen richtungsgebende Werte. „Nachhaltigkeit und Verantwortung erreicht man, wenn beides maximiert wird: Große Freiheitsräume, aber auch starke orientierungsgebende Werte, die zeigen, dass in diesem Raum nicht alles gleich gut sein muss und nicht alles ausgetestet werden muss, auch wenn man es könnte“, so Schneider. Und Göpel ergänzt an anderer Stelle: „Vieles ist Freiheitsgewinn, wenn wir einmal durch die Veränderung durch sind. Aber das geht verlustig, wenn ich mit den drei V anfange und so jeden Vorschlag erstmal als Verbot, Verzicht, Verlust rahme.“
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Pluralistische Ignoranz vs. Pluralistische Resonanz
Göpel beschrieb das Phänomen der pluralistischen Ignoranz – „die vermutete Akzeptanz für Veränderung“. Als Beispiel nennt sie die Themen Klima und Umwelt, die wissenschaftlich belegt immer noch zu den Top 5 Themen in der Gesellschaft gehören, aber in vielen Debatten bewusst keine Rolle mehr spielen und dadurch gefühlt nichts passiert. Es gebe einen konzertierten Backlash der Klimakommunikation. Dadurch entstehe eine Hemmspirale und ein Ohnmachtsgefühl.
Schneider stimmt ihr zu und betont, dass es stattdessen eine pluralistische Resonanz brauche: „Menschen haben ein gesteigertes Bedürfnis nach Anerkennung. Hilfreich ist es, niederschwellige, leicht im Alltag erreichbare Anerkennungsinseln zu schaffen, in denen sowas wie Wertschätzung und Wahrhaftigkeit angestrebt und erreicht werden kann.“ So werde vermittelt, dass es wissenschaftlich verifizierte Lösungsangebote gibt, die in sich stimmig sind und emotional etwas lebensfrohes, schönes und abwechslungsreiches bieten.
Teilen als wichtige Voraussetzung
Göpel stellt in ihrem Buch drei Fragen, die für die Wiederherstellung des Vertrauens in den Staat wichtig sind: Werden wir genug haben? Werden wir genug teilen? Wer ist eigentlich wir? Göpel betont, dass alle diese Fragen sehr abwesend seien im aktuellen Bundestagswahlkampf. Dabei sei gerade die erste Frage, die auf die planetaren Grenzen abzielt, in den vergangenen Jahren durch Fridays for Future und Co immer mehr nach vorne gerückt. Dass darüber nun kaum noch geredet werde, führe zu großer Verunsicherung. Die zweite Frage nach dem Teilen sei beispielsweise während der Corona-Pandemie gut sichtbar geworden: Das Gefühl, eine Schicksalsgemeinschaft zu sein, also dasselbe Schicksal zu teilen, habe zu geringeren Infektionsraten geführt. Die dritte Frage nach dem wir werde aktuell von populistischen Kräften missbräuchlich genutzt, um andere auszugrenzen.
Schneider ergänzt für die zweite Frage ein Praxis-Beispiel aus seinem Unternehmensalltag, nämlich die Frage, wie mit Wissen umgegangen wird. „Wissen zur Verfügung zu stellen ist ein Vertrauensmotor. Wir stellen Wissen demonstrativ zur Verfügung. Daraus entsteht eine Richtung und eine Bewegung, die auch wirtschaftlich erfolgreich wird, wenn sie auf Größe kommt und mehr Sogwirkung entfacht.“ Andere hingegen würden beispielsweise durch Sperrpatente Unternehmen an ökologischer Wertschöpfung hindern. Göpel pflichtete ihm bei und betonte an anderer Stelle: „Wirtschaften ist ein Mittel zum Zweck, um dem Gemeinwohl zu dienen. Deshalb müssen auch die Instrumente, die wir dafür machen, gute Mittel zum Zweck sein. Das heißt sie müssen dahin wirken, dass viel freier an den Lösungen gearbeitet werden kann, die mittelfristig den Wohlstand erhalten können. Die Abwesenheit von Vergeltung ist Freiheitsgewinn par excellence!“
Der gesamte Talk ist hier zum Nachschauen verfügbar: diezuversichtlichen.de
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Über Maja Göpel
Prof. Dr. Maja Göpel ist Wissenschaftlerin, Bestsellerautorin, Honorarprofessorin für Nachhaltigkeitstransformation und Mitbegründerin der Scientists4Future. Für ihre Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit der Science Communication-Medaille und dem Theodor Heuss Preis. In ihrem neuem Buch „Werte. Ein Kompass für die Zukunft“ gibt sie anregende Ideen, wie sich eine Gesellschaft weiterentwickeln könnte. Welche Werte können helfen, mutig Veränderungen zu gestalten und in turbulenten Zeiten auf Kurs zu bleiben? Es geht darum, trotz unterschiedlicher Positionen gleiche Ziele anzustreben – unter Voraussetzung eines identischen Wertegerüsts. Göpel fordert als Expertin schon lange die Transformation von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Über Reinhard Schneider
Reinhard Schneider ist seit 2000 Geschäftsführender Gesellschafter des Mainzer Familienunternehmens Werner & Mertz, bekannt vor allem durch seine Marke Frosch. 2019 erhielt er den Deutschen Umweltpreis für seine ganzheitlich nachhaltige Firmenausrichtung. In seinem Buch „Die Ablenkungsfalle. Die versteckten Tricks der Ökologie-Bremser. Wie wir unsere Umwelt nicht länger aufs Spiel setzen“ deckt er das systematische Versagen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft im Umweltschutz auf und veröffentlicht gleichzeitig praxiserprobte Lösungen für eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft, von der Mensch und Umwelt gleichermaßen profitieren. Mit der erfolgreichen ökologischen Transformation seines Unternehmens zeigt er überzeugend, dass ein Umdenken nicht nur gesellschaftliche und ethische, sondern langfristig auch ökonomische Vorteile mit sich bringt.
Über das Format
Im erfolgreichen Format „Die Zuversichtlichen“ (20.000 Zuschauer*innen im Livestream) lädt der Unternehmer und Autor Reinhard Schneider Autor*innen, Netzwerker*innen und Vordenker*innen ein, um über die relevanten Themen zu sprechen, über die wir uns unterhalten müssen, wenn wir gemeinsam Deutschland und die Welt nach vorne bringen wollen.