Werner & Mertz geht privates Power Purchase Agreement ein
Vertragskonstrukt ist eine Pionierleistung in der Energiewirtschaft
Werner & Mertz hat den Anspruch, in sämtlichen Bereichen so nachhaltig wie möglich zu sein. Das gilt auch für die Energieversorgung. Seit Jahrzehnten bezieht das Unternehmen ausschließlich Ökostrom, wollte aber noch einen Schritt weiter gehen und war seit längerem auf der Suche nach einem Windparkbetreiber, der es direkt mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgen kann. Vor Kurzem kam es nun zum Abschluss eines privaten Power Purchase Agreements (PPA), das gleichermaßen ökologische und wirtschaftliche Vorteile bringt. Zwei Windräder des Windparkbetreibers SelzEnergie im rheinland-pfälzischen Selzen produzieren direkt Strom für den Mainzer Mittelständler – und der spart dabei noch 22 Prozent der Kosten ein gegenüber konventionellen Ökostrom-Angeboten über die gleiche Menge.

„Ein PPA lohnt sich nicht nur finanziell, es zahlt außerdem auf die Glaubwürdigkeit des Unternehmens ein. Ein Aspekt, der wirtschaftlich auf lange Sicht nicht unterschätzt werden sollte“, sagt Werner & Mertz-Inhaber Reinhard Schneider.
„Die Chance zur direkten Windstrom-Lieferung an die Werner und Mertz GmbH, einem Vorreiter der ökologischen Produktion in Deutschland, wollten wir natürlich nutzen. Damit spielen wir als Teil des Gesamtprozesses in der Königsklasse und da wollen wir mit unserem Strom auch hin“, so Christine Gelhausen, Gründerin von SelzEnergie.

Das Vertragskonstrukt
Ein PPA ist ein spezieller Stromliefervertrag, bei dem sowohl das Unternehmen als auch der Anlagenbetreiber direkt eingebunden sind. In diesem Fall stellt die SelzEnergie GmbH für Werner & Mertz zwei ihrer Windkraftanlagen zur Verfügung, die direkt für das Unternehmen Strom produzieren. Neben dem Windparkbetreiber gibt es weitere Partner: Zum einen der bereits bestehende Energieversorger, mit dem eine Zusatzvereinbarung zum Bestandsvertrag geschlossen wurde. Zum anderen gibt es einen Direktvermarkter, er ist das Bindeglied zwischen dem Anlagenbetreiber, dem Stromversorger und dem Unternehmen. Der Stromversorger bekommt die Windstrommengen vom Direktvermarkter und nimmt sie ohne Zusatzkosten in seinen Bilanzkreislauf auf. Werner & Mertz wiederum zahlt als Unternehmen für diese Zusatzleistung ein geringes Entgelt an den Stromversorger. Der Direktvermarkter zahlt dem Windparkbetreiber SelzEnergie für die Erzeugung des Stroms und Werner & Mertz bezahlt den Direktvermarkter für die Abnahme des Stroms, die technische Abwicklung – und für das Risiko. Der Direktvermarkter stellt also für das Unternehmen auch eine Art Versicherung dar: Seine Meteorologen erstellen tagesaktuelle Forecasts, wie viele Mengen an Strom tatsächlich von den Windrädern in Selzen in den Bilanzkreis fließen und diese Mengen werden dann bilanziell an den Stromversorger geliefert. Damit das Mainzer Familienunternehmen in windarmen Zeiten nicht ohne Strom dasteht, wurde eine Rückfallebene eingebaut: Wenn die Windkraftanlagen weniger Strom liefern als geplant, zahlt der Mittelständler nur das, was vorausgesagt wurde. Die Fehlmengen gleicht der Direktvermarkter aus seinem eigenen Windparkportfolio aus, so dass Werner & Mertz auch in windarmen Zeiten immer dieselbe Strommenge bekommt – diese Vorgehensweise nennt sich Schuld der Ausgleichsenergie. Der Direktvermarkter hingegen behält in windstarken Zeiten den Überschuss ein.
„Das gemeinsam entwickelte Vertragskonstrukt stellt eine echte Pionierleistung dar, die in der Energiewirtschaft in dieser Form noch nicht existierte. In einer Vielzahl von Abstimmungsterminen mit über 30 Beteiligten aus fünf Organisationen ist es gelungen, die Idee in die Umsetzung zu bringen“, sagt Energiemanager Simon Gübler.

Vorteile des PPA gegenüber gängigen Ökostrom-Verträgen
Im Gegensatz zum „klassischen“ Grünstromvertrag bei einem Energieversorger bieten sich folgende Vorteile:
1. Werner & Mertz weiß genau, woher der Strom kommt und fördert mit seiner konkreten Nachfrage direkt den regionalen Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen. Dies steht im Gegensatz zu gängigen Ökostromverträgen, bei denen massenbilanziell gerechnet wird und der Strom aus dem anonymen Strommix bezogen wird. Bei gewöhnlichen Ökostrom-Verträgen ist sehr schwierig nachzuvollziehen, woher der Strom überhaupt kommt. Sicher ist aber: Das Wenigste davon wird regional produziert. Der Großteil stammt aus Island, Schweden oder Norwegen. Belegt wird das Ganze durch Herkunftsnachweise, die aber eher eine Art Ausgleichshandel darstellen. Auch wissenschaftlichen Einschätzungen zu Folge ist ein langfristiger Lastgangs-abgeglichener PPA Vertrag dem herkömmlichen Ökostrom vorzuziehen, weil er mit deutlich weniger CO2- Emissionen bilanziert werden kann und in der Systematik deutlich mehr Transparenz herrscht.
2. Aus der EEG-Förderung nach 20 Jahren herausfallende Windkraftanlagen bieten ihren erneuerbaren Strom häufig spürbar günstiger an als gängige Ökostrom-Anbieter. Momentan lohnen sich diese PPA besonders für mittelständische Unternehmen, weil bei vielen Windkraftanlagen nach und nach die EEG Förderung ausläuft. Die Betreiber müssen sich nun am Markt behaupten und sind abhängig von den tagesaktuellen Preisen am Spotmarkt. Deshalb ist ein PPA für beide Seiten von Vorteil: Die Betreiber haben wieder finanzielle Sicherheit und die Anlagen bleiben weiterhin wirtschaftlich. Die Unternehmen erhalten auf der anderen Seite den erneuerbaren Strom zu günstigen Konditionen.
3. Die Menge an produziertem Windstrom deckt sich mit dem Verbrauch des Unternehmens. Beim PPA-Modell von Werner & Mertz gab es die Möglichkeit, im Vertragskonstrukt mit allen Stakeholdern einen zuverlässigen Lastgangabgleich vorzunehmen, das bedeutet: Im Viertelstundentakt wird der produzierte Strom mit dem Bedarf des Unternehmens abgeglichen. Das sind 35.040 Abgleiche im Jahr, die eine sehr genaue Rechnung ermöglichen.
„Die aufwendige Erarbeitung dieses pionierhaften PPA Konstrukts war für uns erst der Auftakt. Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir für die Zukunft weiter intensiv nach innovativen Ansätzen und Lösungsmöglichkeiten suchen, um unseren Standort mit Strom aus nachweisbaren und transparenten erneuerbaren Energiequellen zu versorgen und dabei die regionale Erzeugung von erneuerbarer Energie zu stärken und zu fördern,“ sagt Yannic von Raesfeld, Leiter Nachhaltigkeitsmanagement bei Werner & Mertz.