Kreislauffähige Alternative zu PFAS-Textilimprägnierung
Werner & Mertz hat zusammen mit Kooperationspartner ein fluorfreies patentiertes Verfahren entwickelt
PFAS – noch vor wenigen Wochen war diese Abkürzung nur wenigen Fachexpert*innen geläufig, plötzlich ist der Begriff in aller Munde: Eine Recherche der Süddeutschen Zeitung sowie der Rundfunksender WDR und NDR hat kürzlich ergeben, dass die per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) fast überall in Deutschland zu finden sind. Weit über 4.000 Stoffe werden den PFAS zugeordnet, sie werden beispielsweise in Kosmetika, Pfannen oder Textilien eingesetzt. Sie gelten als Gefahr für Tiere und Menschen. Nun wird nach Alternativen geforscht – das Mainzer Familienunternehmen Werner & Mertz hat bereits eine Lösung für das ökologische Problem bei der Behandlung von Textilien gefunden.
Neuste Pionierleistung: PFAS-freie Erstimprägnierung
Die Abteilung „Forschung & Neue Technologien“ des Mainzer Familienunternehmens hat eine PFAS-freie Erstimprägnierung für Funktionskleidung in Zusammenarbeit mit der Grabher Group entwickelt. Die Erstimprägnierung wird auch DWR Imprägnierung genannt, was für „Durable Water Repellency“ steht – also dauerhafte Wasserabweisung. Oftmals kommen für diese Erstbehandlung von Textilien PFAS zum Einsatz. Das Forschungsteam setzt stattdessen auf eine innovative und patentierte Kombination aus Plasmavorbehandlung und fluorfreier Chemie auf Silikonbasis, die sich nicht in der Umwelt anreichert.
Dabei wird die Textiloberfläche im Niederdruckplasma zunächst aktiviert und dann im nächsten Schritt nasschemisch behandelt. Dadurch werden Anbindungsstellen auf dem Stoff und reaktive Gruppen zur verbesserten Verbindung erzeugt. Dadurch haftet die DWR-Imprägnierung fest am Textil, auch nach vielen Wasch-Zyklen – anders als andere PFAS-freie DWR-Erstausrüstungen.
„Die Niederdruckplasma-Technologie in unserem Unternehmen ist aktuell weltweit das einzig verfügbare Verfahren, um Textilien trocken zu behandeln. Sie gilt daher als das ökologischste und zukunftsweisendste Verfahren in den Textilveredelungs-Technologien überhaupt. Durch die gemeinsame, langjährige Forschungsarbeit mit der Firma Werner & Mertz für das patentierte Verfahren sind wir unserem Ziel, ein trockenes und somit komplett emissionsfreies Beschichtungsverfahren für Textilien zu entwickeln, einen großen Schritt näher gekommen. Durch die Kombination dieses innovativen Plasma-Verfahrens und der ökologischen bionicdry®-Imprägnierung, ist uns gemeinsam mit Werner & Mertz ein Meilenstein in der ökologischen DWR-Imprägnierung gelungen, was sich auch erheblich auf die CO2-Bilanz von Textilien auswirkt. Darauf sind wir sehr stolz“, sagt Günter Grabher, Geschäftsführer der Grabher Group.
Werner & Mertz setzt von Beginn an auf PFAS-freie Alternativen
Danach kann diese Erstimprägnierung dann mit der passgenauen Nachbehandlungstechnologie reaktiviert werden. Dafür hat Werner & Mertz bereits vor einigen Jahren die Marke bionicdry® ins Leben gerufen und bietet verschiedene PFAS-freie Imprägniermittel an:
Bei der bionicdry-Technologie des Einwasch-Imprägnierers erhält die bionische Formel zuverlässig die wasserabweisenden und funktionalen Eigenschaften von Funktionstextilien und Outdoor-Ausrüstungen, indem die Plasma-Anbindungsstellen aufgefüllt und die Wasserabweisung aufgefrischt werden. Die Atmungsaktivität bleibt dabei erhalten. Die Basis dafür bildet ein Wirkstoffkomplex aus speziellen Imprägnierwirkstoffen, die frei von schädlichen Fluorcarbonen sind, und biologischem Chitosan. Beim 2-in1-Waschmittel wird Outdoorfans hygienische Reinigung sowie PFAS-freie High-Tech-Imprägnierung in nur einem Waschgang geboten.
„Wir können somit ein 360° System aus Erstimprägnierung und Nachbehandlung anbieten, was bislang absolut einzigartig in der Branche ist und die Lebensdauer und den Werterhalt der Textilien erheblich steigert. Die besondere ökologische Qualität unserer bionicdry- Imprägnierungen konnte zudem eindrucksvoll durch ein Material Health Zertifikat Platinum gemäß Cradle to Cradle certified® bestätigt werden. Die Produkte sind also nachgewiesen materialgesund und kreislauffähig“, so Vera Gratzl, Entwicklerin bei Werner & Mertz.
C2C Certified Material Health Certificate™ is a trademark of the Cradle to Cradle Products Innovation Institute.
PFAS: tolle Eigenschaften für Funktionskleidung – aber sehr umweltschädlich
PFAS sind von keiner Flüssigkeit benetzbar, weder von Wasser, noch von Öl, Blut oder Schmutz. Deshalb werden die Fluorkohlenwasserstoffe gerne für den Schutz von Oberflächen eingesetzt – sei es auf Böden, Textilmöbeln oder Outdoorkleidung. Ihre Persistenz ist dabei zwar funktionell optimal geeignet, aber gleichzeitig sehr schlecht für die Umwelt: Denn in der Natur und im menschlichen Organismus bauen sie sich aufgrund dieser Eigenschaft nie vollständig ab. Was jetzt eine breite Öffentlichkeit erfährt, ist eigentlich bereits seit vielen Jahren bekannt. Da nun aber auf europäischer Ebene über ein Verbot dieser Stoffe diskutiert wird, sucht vor allem die Textilindustrie, die für mehr als die Hälfte aller eingesetzten PFAS verantwortlich ist, jetzt nach weniger umweltschädlichen Alternativen, bei gleicher Leistung.
Echte Nachhaltigkeit: so wenig wie möglich, so viel wie nötig
Aber muss die Leistung wirklich dieselbe sein? „In vielen Fällen wurde „over-engineering“ betrieben – der enorme Schutz, den Fluorkohlewasserstoffe bieten, ist vielleicht für Feuerwehreinsätze notwendig, nicht aber für den Schutz eines durchschnittlichen Outdoor-Fans – es regnet ja normalerweise kein Öl vom Himmel“, sagt Gratzl. Im Einklang mit der Firmenphilosophie des Mainzer Unternehmens hat das Forschungsteam eine ökologische Alternative entwickelt – eine, die Funktionskleidung so gut schützt wie nötig und dabei so umweltschonend wie möglich ist.
Werner & Mertz geht damit erneut als Pionier voran und entwickelt Lösungen, noch bevor es eine kommerzielle Nachfrage dafür gibt – die dürfte aber angesichts der aktuellen Erkenntnissen zu PFAS-Verbindungen nicht lange auf sich warten.